Dóra Maurer nimmt eine Sonderstellung ein
Dóra Maurer (*1937, lebt in Budapest) gilt als prominente Vertreterin der Neo-Avantgarde. Sie gehört damit zu den KünstlerInnen, die seit den 1960er Jahren progressive Wege jenseits der offiziellen staatlichen Kulturpolitik Ungarns beschritten haben. Ihre Arbeiten, die Grafik, Fotografie, Film, Aktionskunst und Malerei umfassen, zeigen klare konzeptuelle Herangehensweisen, wobei als die zentralen Aspekte Wahrnehmung, Bewegung, Verschiebung und Transformation zu nenen sind. Die Abstraktion, insbesondere diejenige der frühen Jahre der Bundesrepublik Deutschland, kann heute als eine politische »Bereinigung« eingestuft werden, stand sie doch stellvertretend für die »offene Gesellschaft«. Entsprechend sind zahlreiche Sammlungen in deutschen Museen ausgerichtet, darunter auch die der Kunsthalle Bielefeld (Ausstellung von Dóra Maurer in Bielefeld: 29/1-15/5/2022). In ehemaligen Ostblockländern wie Ungarn aber, hatte die Abstraktion eine »oppositionelle« Konnotation. Durch die Nicht-Gegenständlichkeit ihrer Arbeiten, die im Gegensatz zur offiziellen Vorgabe des Sozialistischen Realismus stand, nimmt Dóra Maurer eine Sonderstellung ein. Verstärkt wurde das durch ihre Kontakte und Reisen in den Westen, die für sie aufgrund ihrer doppelten ungarischen und österreichischen Staatsbürgerschaft schon vor 1989 möglich waren. Ihre Experimente in den Medien Fotografie und Film in den 1970er Jahren sowie ihre auf prozessualer Verschiebung beruhenden abstrakt-geometrischen Arbeiten weisen eine offensichtliche fomale Parallelität zur Nachkriegskunst Westeuropas und der USA auf. Tatsächlich jedoch sind ihre Arbeiten ohne die Erfahrung des Lebens unter dem kommunistischen Regime nicht zu denken.