In das Jahr 2022 fallen der 450. Geburtstag des Landgrafen Moritz »des Gelehrten« (1572¿1632) und der 350. Todestag von Heinrich Schütz (1585¿1672), des berühmtesten der ehemaligen »Alumni symphoniaci«. Anliegen der vorliegenden Studie ist es, den Lebenslauf einiger der am »Collegium Mauritianum« ausgebildeten Kasseler Kapellknaben und Hofschüler aufzuklären und ihre Bedeutung als Musiker herauszuarbeiten. Das Collegium Mauritianum als gemeinsame Erziehungsstätte für den adligen Nachwuchs und die Knaben der Hofkapelle stellte eine singuläre Einrichtung dar. Ihr Erfolg wird unter anderem durch insgesamt fünf Hofkapellmeister belegt, die aus den (bis 1627) 34 namentlich nachweisbaren Kapellknaben hervorgegangen sind. Die Musikausbildung der Kapellknaben war gezielt, differenziert und anspruchsvoll. Mit einem großzügigen Stipendiensystem wurden die Begabtesten unter den Kapellknaben gefördert. Moritz ermöglichte so den jungen Musikern, bei ausländischen Spitzenkräften, wie Giovanni Gabrieli in Venedig, den letzten Schliff zu erhalten. Besondere Aufmerksamkeit gilt den beiden mit dem späteren Dresdener Oberhofkapellmeister Heinrich Schütz befreundeten Kasseler Hofkapellmeistern Christoph Cornett (1580¿1635) und Georg Schimmelpfennig (1582¿1637). Cornett leistete einen für die Musikwissenschaft besonders wichtigen Beitrag durch das von ihm 1613 angelegte Inventar Kasseler Musikalien, das eine bedeutende Quelle zur Kasseler Hofmusik darstellt. Sein Freund und Nachfolger war Georg Schimmelpfennig, der Lautenlehrer von Prinzessin Elisabeth und Landgraf Wilhelm V. Die auch nach dem Wechsel von Heinrich Schütz nach Dresden weiter bestehende Verbindung mit dem Kasseler Hof ist der Grund für den weltweit einmaligen Bestand an originalen Schütz-Werken in der Kasseler Landesbibliothek.