'Mit ihnen ist es schwierig - ohne sie ist es langweilig.' So brachte die gebildete polnische Gesellschaft das polnisch-jüdische Verhältnis in den 1930er Jahren auf den Punkt. Der vorliegende Band zeichnet die Wahrnehmung der jüdischen Präsenz in Polen aus nichtjüdischer Perspektive in Haupt- und Nebenlinien über 200 Jahre nach.
Abgesehen von Stimmen, die für Verständnis und Miteinander werben, kommen auch eher skeptische Autoren zu Wort. Die Texte zeigen, wie leidenschaftlich in Polen über die jüdische Nachbarschaft diskutiert wurde. Schließlich waren in Polen die lebensweltlichen Begegnungen mit Juden meist sehr viel intensiver, als dies in anderen europäischen Regionen der Fall gewesen ist.
Die sozialen, politischen und kulturellen Hintergründe der in dieser Anthologie vertretenen Autoren sind denkbar weit gestreut. Sie gehören dem Adel, der Kirche, dem Bürgertum, den verschiedenen politischen Bewegungen an, viele setzten sich in den mehr als hundert Jahren, in denen Polen geteilt war, für seine Unabhängigkeit ein, sie waren Journalisten, Schriftsteller und Pädagogen, Angehörige der Verwaltungs- und Bildungseliten, beteiligten sich am Widerstand gegen die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg, sind Angehörige der Emigration und der Opposition - und einer war Papst.
Vertreten sind Adam Mickiewicz, Joachim Lelewel, Józef Ignacy Kraszewski, Cyprian Norwid, Eliza Orzeszkowa, Kazimierz Kelles-Krauz, Roman Dmowski, Ignacy Paderewski, Kazimierz Wierzynski, Stanislaw Vincenz, Johannes Paul II. und viele mehr.
»Obwohl der Fremde als Nachbar in erster Linie an ein akademisches Publikum gerichtet ist, bietet die Anthologie ebenso jenem Leser, der sich für polnisch-jüdische Geschichte und Antisemitismus im europäischen Vergleich interessiert, eine spannende und erhellende Lektüre.«