»Drinnen haben wir gewohnt, eine lange Zeit, da haben wir es warm gehabt.« Annette Pehnt erzählt in ihren fluiden Kurztexten von einer aufgerissenen Zeit jenseits vertrauter Zusammenhänge. Absprachen werden nicht mehr eingehalten, Gewissheiten sind brüchig geworden. Das Ich in diesen Textminiaturen, die sich über Gattungsgrenzen hinwegsetzen und mit lyrischen Verfahren genauso arbeiten wie mit erzählerischen, bewegt sich suchend durch Randgebiete, Zwischenräume, leere Landschaften und Restbestände. »Wir bröseln und wundern uns ständig.« Annette Pehnt findet verstörende, bizarre, zuweilen auch komische Bilder für die Turbulenzen und Irritationen einer aus den Fugen geratenen Welt. Während sich die Konturen des Ich und seiner Kompliz*innen immer wieder verschieben, entstehen zugleich vorübergehende Bündnisse: mit Nagetieren, mit Fledermäusen, mit Überbleibseln. In Scherben und Schlieren, in improvisierten Spielen und der Unvorhersehbarkeit eines unsicheren Geländes findet sich überraschende Schönheit.
Das Ausgangsmaterial für diese Texte stammt aus unterschiedlichen intermedialen Improvisationen sowohl im Duo mit dem Musiker Harald Kimmig als auch mit dem Streichtrio Kimmig/Studer/Zimmerlin. Ursprünglich entstanden in einem intensiven Dialog mit Raum, Klang und Bewegung, haben sie sich zu eigenwilligen sprachlichen Explorationen jenseits aller Schubladen entwickelt. Harald Kimmigs Zeichnungen überführen musikalische Impulse in eine eigene zeichnerische Sprache und setzen den Dialog mit den Texten fort.