Narrative und Anekdoten sind nicht nur im Alltag allgegenwärtig, sie finden sich
auch in den Wissenschaften, in denen sie eine Reihe von unterschiedlichen Funktionen
erfüllen. Gleichzeitig gibt es nur relativ wenig Fachliteratur zu diesem Thema.
Diese Arten von Erzählungen werden in der Regel als selbstverständlich akzeptiert
und nicht weiter untersucht, obwohl sie uns nicht nur Wissen vermitteln, sondern
auch in die Irre führen können. In diesem Jahrbuch befassen sich Beiträge aus einem
breiten Spektrum von Wissenschaften mit den Möglichkeiten und Grenzen von Narrativen
und Anekdoten. Im Vordergrund stehen zwei Themenbereiche: Zum einen die Vor- und
Nachteile des Gebrauchs dieser Gattungen bei der Generierung und Vermittlung von
Wissen in den Wissenschaften, und zum anderen deren Charakteristika und Funktionen
in der Literatur, in Wirtschaft und Politik sowie in anderen gesellschaftlichen
Bereichen. Wie in diesem Band deutlich wird, erfüllen Erzählungen - auch Mythen -
eine Reihe von wichtigen Funktionen; gleichzeitig ist insbesondere beim Umgang mit
Narrativen Vorsicht geboten, da diese zwar oft als faktenorientiert und angemessen
eingeschätzt werden, oft jedoch eine einseitige Sicht der Welt wiedergeben.